Statement MoJ

Statement

Stellungnahme zum Gerichtsreformgesetz

Aufgrund zahlreicher unwahrer Informationen, die in der Debatte über die Änderung des Gesetzes über die Organisation der ordentlichen Gerichte und des Gesetzes über das Oberste Gericht, die vom Sejm der Republik Polen am 20. Dezember 2019 verabschiedet wurden, auftauchen, betont das Justizministerium erneut, dass der genannte Rechtsakt in keinem Fall die Unabhängigkeit der Richter und die Unabhängigkeit der Gerichte, die ein wichtiges Element eines demokratischen Rechtsstaates sind, einschränkt.

Aussagen von Politikern und Juristen, die ohne genaue Angabe entsprechender Vorschriften und der Rechtsprechung abweichende Meinungen oder Erklärungen abgeben, sollten mit Besorgnis wahrgenommen werden. In dieser Hinsicht ist es die Aufgabe des Justizministeriums, der Öffentlichkeit klar Tatsachen zu vermitteln, welche bestätigen, dass der o. g. Rechtsakt sowohl mit den europäischen Vorschriften als auch vor allem mit der polnischen Verfassung konform ist.

Erstens resultieren die neuen Vorschriften aus der Sorge um die Rechtsordnung, die Rechtsstaatlichkeit im Staat und das Handeln im Einklang mit der Verfassung der Republik Polen, was die Abgeordneten, die Verfasser des genannten Gesetzesentwurfs sind, betont haben. Wie bereits erläutert, ist der Gesetzesentwurf eine Antwort auf die zunehmende Anzahl von Situationen, die die Apolitizität der Richter in Polen infrage stellen. Er bezieht sich auch auf das beunruhigende Verhalten jener Richter, die durch ihre öffentlichen Aussagen und Handlungen den Status anderer Richter anfechten.

Das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Organisation der ordentlichen Gerichte, des Gesetzes über das Oberste Gericht und zur Änderung einiger anderer Gesetze vom 20. Dezember 2019, das derzeit im Senat der Republik Polen verhandelt wird, setzt das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. November 2019 in den Rechtssachen C-585/18, C-624/18 und C-625/18 um. In diesem wurde eindeutig bestätigt, dass die Ernennung von Richtern durch den Präsidenten der Republik Polen und deren Status nicht der gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Es sollte betont werden, dass das Verfassungsgericht und das Oberste Verwaltungsgericht diese Angelegenheit in ihrer Rechtsprechung auf die gleiche Weise entscheiden. Insbesondere ist es nicht möglich, die Ernennung zum Richter durch den Präsidenten der Republik Polen sowie den Richterstatus anzufechten. Im polnischen Rechtssystem existiert kein Rechtsinstitut, das derartige Handlungen ermöglicht, da dies nicht nur eine Verletzung der Normen zur Ernennung von Richtern, d. h. Art. 144 Abs. 3 Pkt. 17 und Art. 179 der Verfassung der Republik Polen, sondern auch des verfassungsrechtlichen Prinzips der Unabsetzbarkeit der Richter im Sinne des Art. 180 Abs. 1 der Verfassung der Republik Polen darstellen würde. Das Ernennungsverfahren von Richtern setzt sich gemäß Art. 179 der Verfassung der Republik Polen aus zwei Phasen zusammen: Der ersten Phase vor dem Landesjustizrat, die mit einem Antrag an den Präsidenten der Republik Polen endet, und der zweiten Phase, die aus dem Ernennungsakt und der Abgabe des Amtseids besteht. Die Ernennung ist ein eigenständiger Akt systemischen und verfassungsmäßiger Natur. Seine Unerschütterlichkeit ergibt sich, ähnlich wie beim Antrag des Landesjustizrates, aus dem Gebot, die Stabilität des Richteramtes zu gewährleisten, welches ein wichtiges Element des Unabhängigkeitsprinzips ist. Jeder Anfechtungsversuch des Status der Richter und der Rechtskraft ihrer Urteile greift die verfassungsmäßigen Grundlagen des Rechtsstaates an. Die
Weigerung der Anwendung eines Gesetzes ohne vorherige Entscheidung des Verfassungsgerichts, dem die ausschließliche Zuständigkeit für die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von Rechtsvorschriften vorbehalten ist, wird sowohl in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts als auch des Obersten Gerichts als unzulässig erachtet.

Zur Stärkung der richterlichen Unabhängigkeit wurde im Gesetz vom 20. Dezember 2019 eine Definition des Richters eingeführt, die sich auf den Wortlaut des Art. 179 der Verfassung der Republik Polen bezieht, welcher die notwendigen und ausreichenden Elemente für die Erlangung des Richterstatus definiert, d. h. den Antrag des Landesjustizrates und den Akt der Ernennung durch den Präsidenten der Republik Polen. Diese Definition dient der Festlegung der notwendigen und ausreichenden Elemente für die Anerkennung der Richterbefugnis (sog. Investitur) eines Richters.

Das Gesetz führt zusätzliche Instrumente zur Stärkung der Apolitizität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit von Richtern ein. Aus diesem Grund verpflichtet es die Richter, bestimmte Daten, wie die Mitgliedschaft in Verbänden, einschließlich in politischen Parteien in der Vergangenheit, offenzulegen. Dies sind Umstände, die im Lichte des EuGH-Standards für die Beurteilung der Spruchkörperbesetzung und des Richters relevant sein können. Die Transparenz von Justizbehörden und Richtern ist eine grundlegende Garantie für einen demokratischen Rechtsstaat. Diese Verpflichtung verstößt weder gegen europäische Normen noch gegen die sich aus der Verfassung der Republik Polen ergebenden Normen. Sie steht im Einklang mit dem verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzip. Dies ist eine auch durch Juristen lang erwartete Gesetzesänderung.

Das Gesetz führt auch Änderungen im Bereich der Disziplinarverantwortung der Richter ein. Die darin enthaltenen Standards unterscheiden sich nicht von denen in anderen europäischen Ländern, einschließlich französischer und deutscher Lösungen. Am wichtigsten ist, dass in einigen Ländern der Europäischen Union die Disziplinarvorschriften für Richter um ein vielfaches strenger sind, da sie eine strafrechtliche Verantwortung der Richter für ihre Handlungen und Unterlassungen vorsehen. Somit ist es unmöglich, den zahlreichen Meinungen über den restriktiven Charakter des o. g. Gesetzes beizustimmen. Die Rolle des Gesetzgebers besteht darin, Rechtsvorschriften zu schaffen, die Handlungen zur Destabilisierung der Grundsätze des demokratischen Rechtsstaats verhindern. Die Anfechtung des Status eines anderen Richters ist zweifellos eine Handlung dieser Art.

Das Gesetz regelt auch bestimmte Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Stabilisierung des Dienstverhältnisses der bisher ernannten Richter, u. a. derjenigen, welche durch den Staatsrat der Volksrepublik Polen ernannt wurden (dessen Status in keinerlei Weise gesetzlich geregelt war). Es ist nicht wahr, dass dieses Gesetz in dieser Hinsicht rückwirkend gilt, da es den Status dieser Menschen ausschließlich ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens prägt. Hier handelt es sich um die sog. Retrospektivität, die in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts als legitimes Instrument des Gesetzgebers gilt.

Die im Gesetz vom 20. Dezember 2019 enthaltenen Lösungen zielen darauf ab, die Arbeitsweise der Gerichte zu optimieren, die Apolitizität der Richter und die Transparenz der
Justiz zu erhöhen sowie eine Anfechtung des Status der Richter, d. h. ein dem polnischen Recht unbekanntes Rechtsinstitut, zu verhindern.

Anbei finden Sie die Stellungnahmen namhafter Juristen zum Gesetz vom 20. Dezember 2019.